Über den Mindestlohn

Seit Jahrzehnten wurde in Deutschland (West) über die Einführung eines Mindestlohns debattiert. In den 60ern und 70ern als in Deutschland Tariflöhne das Ziel waren, war der Bedarf an einem Mindestlohn noch nicht so groß denn man hatte in vielen Branchen Tariflöhne ausgehandelt. Und dort wo es keine gab, hat man entweder noch nicht so schlecht verdient oder man gehörte zu einer Randgruppe. Doch seither haben sich die Lebenshaltungskosten nach oben entwickelt und die Löhne stagnieren. Hauptsächlich waren es die Mieten die nach oben schossen. Und seit dem Fall der Mauer und dem damit verbundenen Wegfall des Billiglohnsektors “DDR”, fielen die Löhne in Deutschland (West) sogar. Leiharbeit besiegelte diese Entwicklung und so war der neue Niedriglohnsektor in ganz Deutschland entstanden. Und seitdem wurden die Rufe nach einem Mindestlohn immer lauter. Unter der Last der Agenda 2010, die die Leiharbeit erst noch richtig explodieren ließ,  wurde dieser schließlich vor wenigen Jahren eingeführt.

Wenn heute über den Mindestlohn gesprochen wird, dann wird meistens über dessen Höhe gesprochen – die scheinbar zu niedrig ist. Doch die Frage ist, auf was genau bezogen, wird da jetzt ein Mindestlohn definiert?

In erster Linie wird darüber gesprochen wie viel Jahre man arbeiten gehen muss, um einen Rentenanspruch zu haben, der über der Grundsicherung liegt. Hier geht es also überhaupt nicht darum, wie viel Geld man jetzt zum Leben braucht, sondern wie viel Geld man in der Rente braucht. Doch 50% aller Arbeitstätigen können überhaupt nicht genügend verdienen, um eine Rente zu erwirtschaften, von der sie später leben können. Sie fallen also definitiv in die Grundsicherung und da wir kein homogenes Arbeitsleben haben, sondern ein recht durchmischtes, wird es weitaus mehr treffen als nur 50% der Arbeitstätigen.

Grund genug eine starke und stabile Rente zu fordern. Im Grunde hätte Deutschland ein solches Rentensystem, doch dieses wird seit vielen Jahren regelrecht demontiert, darum muss es heißen “make Rente great again”. Denn dann können wir darüber nachdenken, wie ein Mindestlohn tatsächlich dafür sorgt, dass man davon leben kann.

Soll ein Mindestlohn grundsichernd sein? Nein, ich denke nicht, denn dann würden wir über Mindestlöhne auf Hartz IV Niveau reden. Vorausgesetzt, man kann überhaupt bei Hartz IV von grundsichernd reden. Vielmehr soll ein Mindestlohn Teilhabe sichern. Und da reden wir von einer netto Höhe eines “Bedingungslosen Grundeinkommens”, welches aktuell bei knapp über 1000 € verordnet wird.

Um diese 1000 € plus netto zu erreichen, braucht man also ein Bruttoeinkommen von etwa 1400 €. Bei einer 40 Stunden Arbeitswoche hätte man schon mit einem Mindestlohn von 8 € genau diese Grenze erreicht. Da wir aber noch ein weiteres Ziel haben nämlich noch mehr Menschen in Arbeit zu bringen ist ein adäquates Mittel die Arbeitszeitverkürzung.  So dass bei einer 35 Stunden Woche schon 10 € die Stunde erstrebenswert sind. Und bei einer 30 Stunden Woche reden wir von 12 € die Stunde.

Doch diese BGE Höhe gilt nur für Einzelpersonen, da sind z.b. Kinder überhaupt nicht mit inbegriffen. Für Kinder wird laut Düsseldorfer Tabelle, die auf Mindestunterhaltsverordnung aufbaut, ein Unterhalt von rund 800 € pro Kind zugesprochen (2 mal Unterhalt plus halbes Kindergeld). Diesen Betrag müssen Eltern also noch hinzuverdienen um eine Familie zu unterhalten. Schnell wird klar, wir brauchen entweder einen höheren Mindestlohn oder weitere Mechanismen. Da nun nicht jeder Kinder hat,, sollte also für Single ein solcher Mindestlohn ausreichen, ergo wir brauchen weitere Mechanismen für den weiteren Berufsweg. Das BGE wäre ein solcher Mechanismus aber es stellt bereits selbst ein Teilhabe sicherndes Instrument dar.

Der Mindestlohn und kurz darüber als Einstiegssegment ist ja noch in Ordnung, aber es muss weitergehen. Denn man kann ja nicht ein halbes Volk zum Mindestlohn beschäftigen, doch genau das ist aktuell in Deutschland der Fall, 50% aller Arbeitstätigen verdienen unter 2000 € brutto. Hier muss es Stufen darüber geben, z.B. Tariflöhne, diese brauchen Abstand zum Mindestlohn. Der Mindestlohn darf nicht Standard in Deutschland sein, doch genau dort bewegen wir uns gerade hin.

Deutschland will Mittelstands-Land sein, da können nicht überall Tariflöhne ausgehandelt werden, hier bedarf es weiterer Mechanismen. Lohnsteigerungen pro Arbeitsjahr wären denkbar, ein Ausgleich der Inflationsrate würde zumindest eine Reallohn-Absenkung vermeiden. Oder ein Betriebsschlüssel, der nur einen bestimmten Anteil von Mindestlöhnen zulässt. Eine weitere Möglichkeit ist die Koppelung an den Maximallohn in einem Unternehmen (1:10 oder 1:20 ist im internationalen Vergleich eine denkbare Größe). Aber sicherlich wird erst ein Mix aus all dem Genannten ein stabiles Lohngefüge erschaffen.

Mindestlohn kann aber auch noch anders vermieden werden. Bildung ist der Schlüssel zu einem guten Einkommen. Denn niemand würde einen ausgezeichnet ausgebildeten Arbeitnehmer zum Mindestlohn beschäftigen. Den kann man sich dann gleich sparen und in einem Branchentypischen Tarif beginnen.

Ist das geschafft wird kaum noch jemand zum Mindestlohn arbeiten müssen. Doch muss auch dazu gesagt werden diese Maßnahmen reparieren nur aktuelle Zustände, und würden nur Herstellen was in anderen Länder längst gilt. Zukunftsweisend ist das nur bedingt denn dann müßten wir eine Revolution einfordern, eine die alle Menschen am allgemeinen Wohlstand teilhaben lassen.

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